Beschreibung
"Ich habe einen Horror vor allen billigen Formen der Fiktionalisierung. Mein Medium ist die Prosa, nicht der Roman", begründet W. G. Sebald seine Neigung zum essayistischen Schreiben. Und eben diese Erzählprosa W. G. Sebalds bildet den Stoff, auf dem Uwe Schüttes eindrückliche und kritische Beobachtungen zum biografischen, literaturwissenschaftlichen und literarischen Werdegang des Autors von "Austerlitz" fußen.
W. G. Sebald ist einer der anerkanntesten und zugleich umstrittensten Schriftsteller der deutschen Literatur des späten 20. Jahrhunderts. Sein vielgerühmtes literarisches Werk ruht auf einem Fundament, das größtenteils kaum bekannt ist, nämlich die im Verlauf von rund 30 Jahren entstandenen kritischen Schriften. "Interventionen" bietet erstmals einen so tiefschürfenden wie umfassenden Überblick über die Literaturkritik Sebalds unter Einbezug zuvor unveröffentlichter Archivdokumente.
Uwe Schütte, der bei Sebald promoviert hat, legt anschaulich dar, wie sich Sebalds eigenwillige Literaturkritik – von der Magisterarbeit über Carl Sternheim bis zum polemischen Essay "Luftkrieg und Literatur" – entwickelt hat. Seine Studie skizziert damit die intellektuelle Biografie des vom Allgäu in die Provinz East Anglias entlaufenen Germanisten. Vor allem aber zeichnet "Interventionen" nach, wie Sebald im kritischen Widerspruch zu Germanistik und deutscher Nachkriegsliteratur selbst zum Schriftsteller wurde. Der Autor Uwe Schütte, geb. 1967, promovierte 1997 bei W. G. Sebald an der University of East Anglia und ist Reader in German an der Aston University in Birmingham, England.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Teil 1 – Lehrjahre & Gesellenstücke – Ein Portrait des Germanisten als junger Mann
1 Destruktion der Idole – Carl Sternheim: Kritiker und Opfer der Wilhelminischen Ära
2 Gegenfeuer – Akademische Rezensionen
3 Kritik der Gewalt – Der Mythus der Zerstörung im Werk Döblins
4 Das ignorierte Dilemma – Reflexionen der Geschichte der jüdischen Assimilation in der deutschen Literatur
5 Folklore der Heimatlosigkeit – Die deutschsprachige Ghettogeschichte
Teil 2 – In einer wildfremden Gegend – Essays zur österreichischen Literatur
1 Grenzübertretung – Franz Kafka
2 Zwei Essaybände
3 Pathografisches Portrait – Adalbert Stifter
4 Bürgerliche Perversionen – Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal
5 Lesen und Lehren – Elias Canetti
6 Gnostik und Übertreibungskunst – Thomas Bernhard
7 Von der anderen Seite – Jean Améry
8 Randständigkeit und Relevanz – Ernst Herbeck & Herbert Achternbusch
9 Erkundungen der Metaphysik – Peter Handke
10 Mythopoetische Imaginationsräume – Gerhard Roth
11 Abschließendes zu Form und Inhalt
Teil 3 – Polemik und Portrait – Die Literaturkritik der 1990er Jahre
1 Das unvollendete Projekt zur Nachkriegsliteratur – Die Rekonstruktion der Erinnerung
1.1 Leichen im Keller & Kursbücher in den Tod – Konstruktionen der Trauer
1.2 Notizen, Notate und offene Fragen
1.3 Scham und Schuld des Überlebens – Peter Weiss
1.4 Erinnerungsembargo – Jurek Becker
2 Between the devil and the deep blue sea – Der Schriftsteller Alfred Andersch
3 Polemischer Brandsatz – Luftkrieg und Literatur
4 Zu Besuch bei Geistesverwandten – Logis in einem Landhaus
4.1 Kosmos und Katastrophe – Johann Peter Hebel
4.2 Einsame Insel – Jean-Jacques Rousseau
4.3 Musikalische Momente – Eduard Mörike
4.4 Parallele Lebensläufe – Gottfried Keller
4.5 Literaturkritik als Legende – Robert Walser
4.6 Aussichten ins Nichts – Essays zur Malerei
Postskriptum
Siglen
Bibliografie
Danksagung
Bibliografischer Hinweis
Register
Rezensionen
"Ein durch profunde Textkenntnis bestechendes Grundlagenwerk für jede tiefergehende Beschäftigung mit Sebalds Werk, das die zukünftige Rezeption und Untersuchung von Sebalds Leben und Schriften maßgeblich beeinflussen wird."
Christian Hein, Interface – Journal of European Languages and Literatures, 2. Ausgabe / Frühjahr 2017