Beschreibung
Gelten die bisher erschienenen treibhaus-Bände in autorspezifischen und übergreifenden Themen der Literatur der fünfziger Jahre unmittelbar, so scheint es nach über einem halben Jahrhundert Distanz reizvoll, in wechselnder Perspektive die fünfziger Jahre im autobiografischen Rückblick wahrzunehmen. Ein Projekt, das trotz des seit Jahren anhaltenden Interesses an der Gedächtnis- und Erinnerungskultur noch nicht systematisch in Angriff genommen worden ist.
Sechs Autorinnen und Autoren eröffnen den Band mit ihren Erinnerungen an die virulente Zeit zwischen Aufbruch und Verdrängung in Originalbeiträgen. Analysen bereits erschienener Erinnerungswerke von Marcel Reich-Ranicki, Fritz J. Raddatz, Günter Grass, Walter Kempowski, Stefan Heym, Uwe Timm und anderen schließen sich an. Literaturwissenschaftliche Beiträge behandeln Gedichte Bertolt Brechts und Erich Frieds unter autobiographischem Aspekt, erörtern anhand bisher unbeachteter Texte die Problematik von Umsiedlungs-, Flucht- und Vertreibungsliteratur in DDR und BRD und entdecken die zu Unrecht übergangene erzählende Nachkriegsliteratur Österreichs. Die Diskussion autobiografischer, autofiktionaler und fiktionaler Erinnerungsformen verbindet das Ensemble und regt zu neuen Untersuchungen an.
Inhaltsverzeichnis
- Editorial
Erinnerungen aus erster Hand
- Manfred Arppe: Manchmal war es anders. Aus einem biographischen Roman
- Ingrid Bachér: Die Kleine – entschwundene – Freiheit
- Fritz Deppert: Bahnhofstraße Nr. 5
- Eckhard Henscheid: Aus: Denkwürdigkeiten – Aus meinem Leben
- Christoph Meckel: Chanson von der Rechnung. Das kann er lesen. Grundstein
- Helmut Ulrich: James Dean
Autobiographien
- Hermann Gätje: "Jetzt will eine neue Ordnung entstehen, und ich komme nicht mehr mit." Otto Flakes Autobiographie und Autofiktion in den 1950er Jahren
- Stephan Braese: "Es galt das schattenlose Jetzt." Peter Zadek, Marcel Reich-Ranicki und Fritz J. Raddatz übersiedeln in die Bundesrepublik Deutschland
- Zygmunt Mielczarek: Erinnerungen im Wandel der Zeit und "Zauberei auf Papier". Grass, Zuckmayer, Hensel
- Barbara Wiedemann: "uns Überlebenden". Gunter Grass hautet seine Zwiebel
- Thomas Zenetti: Der stereoskopische Blick. Erinnerungen an die DDR der fünfziger Jahre in Stefan Heyms Nachruf
Autobiographische Romane
- Marco Falcone: Im ständigen "Aufbruch" biographische Kontinuität objektiv konstruieren. Erinnerungskonzepte in Ursula Hontsch-Harendts Lebensberichten zwischen Kriegsende und Aufbaujahren der DDR
- Evelyne Polt-Heinzl: Als das Leben nicht und nicht beginnen wollte. Hannelore Valencaks Roman "Vorhof der Wirklichkeit" als Bericht über das Heranwachsen in Krieg und Wiederaufbau
- Ulrike Böhmel Fichera: "Auf dem Weg anderswohin". Elisabeth Plessens Roman Das Kavalierhaus (2004)
- Lutz Hagestedt: Bösartigkeit und Zurückgebliebenheit. Walter Kempowskis Spiegelungen der fünfziger Jahre
- Edgar Platen: "Nein, antwortete ich (...). Ich bin gegangen. Ich habe die Schule ganz einfach verlassen". Erfahrene "Enge" und gewählte "Aufbrüche" in den fünfziger Jahren. Zum 'auto-biographischen' Erinnern in Peter Härtlings "Leben lernen"
- Giusi Zanasi: Morbus biographicus. Hans-Ulrich Treichels Trilogie des Scheiterns
- Paola Quadrelli: "Man hat kein anderes Material als seine Erfahrungen": Rückblicke auf die Anfange der sozialistischen Schule in Uwe Johnsons "Jahrestage"
- Rolf Selbmann: "Wie soll ich mich nennen?". Wie autobiographisches Schreiben aus den 1950er Jahren in die 1960er wandert. Am Beispiel literarischer Namen bei Ingeborg Bachmann und Max Frisch
- Jürgen Egyptien: Freundschaft im Zeichen der Dichtung. Zur Differenz der ästhetischen Positionen von Benno Ohnesorg und Uwe Timm in dessen Erzählung "Der Freund und der Fremde"
Lyrik
- Ingvild Folkvord: Sachlichkeit, Pathos und strategisches Manövrieren. Bertolt Brecht liest sein Gedicht "An die Nachgeborenen"
- Cettina Rapisarda: Gedichte und Gegengedichte. Erich Frieds "Befreiung von der Flucht"
- Die Beiträgerinnen und Beiträger
- Adressenverzeichnis der Beiträgerinnen und Beiträger
- Personenregister