Beschreibung
"Es kommt mir vor, als ob es beinahe unmöglich wäre Musiker und gleichzeitig 'Klawiervirtuose' zu sein." In diesem Bekenntnis Eduard Steuermanns, 1915 gegenüber Arnold Schönberg geäußert, zeigt sich schon früh dessen zentrales Dilemma und heimliches Lebensmotto.
Eduard Steuermann (1892–1964), österreichisch-polnisch-jüdischer Pianist aus Galizien, Schüler Busonis, Lehrer und Freund Adornos, Exil-Amerikaner, gefragter Solist und Pädagoge zwischen Wien, New York und Darmstadt, hat zeitlebens das "beinahe Unmögliche" gesucht: in kompromissloser "Hingabe an die Musik" Wahrheit und Schönheit zu versöhnen. Die Wertschätzung, die ihm als dem wichtigsten Pianisten für die Etablierung Neuer Klaviermusik nicht nur des Wiener Schönberg-Kreises entgegengebracht wurde, hat einer darüber hinausgehenden Würdigung seiner Person nachhaltig entgegengewirkt.
In 14 Beiträgen, die Steuermann von sehr unterschiedlichen Seiten betrachten – sein Leben, seine familiären und künstlerischen Bindungen, sein Musizieren und Komponieren, sein Wirken als Lehrer und geistvoller Autor erörtern –, wird anhand zahlreicher bisher unerschlossener Materialien der Blick auf die Breite seines Schaffens geweitet. So entsteht das Porträt eines Künstlers, der nach Adorno das "Gewissen" der Musik selbst verkörperte.
Mit Beiträgen von Eike Feß, Thomas Glaser, Reinhard Kapp, Lars E. Laubhold, Volker Rülke, Matthias Schmidt, Jürg Stenzl, Irene Suchy, Werner Unger, Christian Utz, Anton Voigt, Karin Wagner, Martin Zenck sowie einem Grußwort von Alfred Brendel.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Grußwort von Alfred Brendel
- Lars E. Laubhold: "... Musiker und gleichzeitig 'Klawiervirtuose' zu sein ... ". Eduard Steuermann – ein Porträt
- Karin Wagner: "Gedanken über die Dauer des Exils". Eduard Steuermann in den USA
- Irene Suchy: Leerstelle Eduard Steuermann. Tangentiale Berührungen und bürokratische Vermeidungen
- Anton Voigt: ... eine ganz hervorragende Wiener Schule .... Eduard Steuermann als Klavierpädagoge
- Reinhard Kapp: Noch einmal: Espressivo, insbesondere "Wiener Espressivo"
- Werner Unger: Eduard Steuermanns phonographischer Nachlass. Aktuelle Situation und Perspektiven
- Eike Feß: Lebens- und Schaffensdokumente. Zur Edward Steuermann Collection am Arnold Schönberg Center, Wien
- Jürg Stenzl: Eduard Steuermanns Interpretation von Ludwig van Beethovens "Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli" op. 120
- Lars E. Laubhold: "... some Bach, some Mozart ...". Eduard Steuermann interpretiert Musik des 18. Jahrhunderts
- Thomas Glaser: "'Intellektuelles' Musizieren gegen 'spontanes', musikantisches ...". Arnold Schönbergs "Phantasy for Violin with Piano Accompaniment" op. 47 in den Einspielungen mit Rudolf Kolisch und Eduard Steuermann
- Christian Utz: Zur Plastizität verklanglichte Form. Tempo-, Klang- und Formgestaltung in Eduard Steuermanns Einspielungen von Arnold Schönbergs "Sechs kleinen Klavierstücken" op. 19 im Kontext der Interpretationsgeschichte des Werkes
- Matthias Schmidt: "Alpenkräuter-Duft". Zu Eduard Steuermann und Anton Webern
- Volker Rülke: Nur im Banne Schönbergs? Zu Eduard Steuermanns Klavierwerken
- Martin Zenck: "... das 'Wirre' ist ja nicht ungewollt ...". Zum zweiten Streichquartett "Diary" (1960/61) in der Uraufführung mit dem Juilliard String Quartet 1963 in New York
- Autorinnen und Autoren
- Zeittafel und chronologisches Werkverzeichnis
- Bibliographie
- Register
Rezensionen
"Der Band ist spannend zu lesen und liefert einen gewichtigen Beitrag zur Steuermann-Forschung, zeigt aber auch, wie viel Arbeit noch zu leisten ist. Ein ausführliches Werk- und Personenregister erleichtert die Arbeit ungemein. Papierqualität, Druck und Einband sind vorzüglich."
DIE TONKUNST, 3/2023
"Dieser Band bietet nun endlich einen eindringlichen Blick auf alle Facetten von Steuermann. Ein faszinierendes Buch."
Piano News, 5/2022
"Ein Glücksfall auch in der Spannweite des Abgehandelten! Was für ein Gewinn, dies Buch! – immer noch ein Stück Wiedergutmachung, hoch informativ; wie man nun genauer weiß, auf vielerlei Hinsicht lange fällig gewesen und darüber hinaus, auch als Zeugnis eines schlimmen Jahrhunderts, bewegend."
Peter Gülke, Die Musikforschung, 2/2023
"Ein voluminöser Band, in dem neben einer Schärfung der Biographie zwischen Wien und dem amerikanischen Exil ein Blick auf Steuermanns Interpretationsansätze, sein pädagogisches Wirken und sein noch kaum untersuchtes kompositorisches Werk geworfen wird – die längst fällige Entdeckung eines unbekannten Bekannten."
nmz – neue musikzeitung, 7-8/2022
"Interessant und mit Gewinn zu lesen, sehr sehr spannend."
DEUTSCHLANDFUNK Kultur, 23.6.2022
"Wahrscheinlich besser noch als jede monographische Darstellung aus einer Hand und einem Guss bietet der vorliegende Sammelband ein lebendiges Bild des Pianisten, Musikpädagogen und Komponisten Eduard Steuermann. Es wurde höchste Zeit, ihm ein aufklärendes Buch zu widmen."
Peter Sühring, info-netz-musik, 12.8.2022