Beschreibung
Fünf Bände umfasst die interdisziplinäre Schriftenreihe zum jüdischen Schreiben in Europa von seinen Anfängen bis zur Gegenwart, 2008 begründet von der Gesellschaft für europäisch-jüdische Literaturstudien. Die Reihe widmet sich u.a. dem jüdischen Selbstverständnis und seinen massiven Veränderungen in Europa von 1880 bis heute. Sie stellt die zahlreichen Diskussionen über die Ausrichtung des modernen Judentums zwischen Orthodoxie, Liberalismus und Assimilation dar. In den Blick genommen werden zeitgenössische Entwicklungen, z.B. dass verstärkt seit 2000 der Holocaust zwar oft das Epizentrum des literarischen Werkes israelischer Autoren ist, diese aber dennoch auch die jahrhundertlange deutsch-jüdische Vergangenheit sowie die Renaissance deutsch-jüdischen Lebens nach der Schoah entdecken. Jenseits der bisher bekannten Kategorien von Schoah-Literatur oder Exil-Literatur wird Europäizität als intrinsisch jüdische Selbstdefinition vor dem Hintergrund neuer sprachlicher und lebensweltlicher Kontexte ausgeleuchtet, in die sich die Autorinnen und Autoren zu begeben und auf die sie sich einzulassen hatten. Mehrsprachigkeit beförderte transnationale Orientierungen oder mündete, angesichts des immer aggressiveren Antisemitismus, in nationalsprachliche Eindeutigkeit und damit in neue Anfeindungen. Ebenso spiegeln neue literarische Ausdrucksformen den Versuch, sich von hergebrachten Definitionen des Jüdischen als einer alles umfassenden, religiösen wie ethnischen Identität zu lösen. Schließlich werden auch unterschiedliche Hierarchien und der Status von Minderheiten und Außenseitern in der europäisch-jüdischen Literatur thematisiert.
Alle fünf Bände der Schriften der Gesellschaft für europäisch-jüdische Literaturstudien helfen, ein schärferes, komplexes und dynamisches Bild der europäisch-jüdischen Literatur zu konturieren.
Inhaltsverzeichnis
- Barbara Breysach / Caspar Battegay: Einleitung
- Liliane Weissberg: Metropole der Freiheit. Berliner Juden in Paris, 1779-1812
1. Zwischen Sprachen
- Daniel Hoffmann: Karl Wolfskehls Übersetzungen hebräischer Poesie des Mittelalters
- Gabriele Von Glasenapp: Literarischer Identitätsdiskurs in Europa. Zur Funktion der Übersetzungen deutschsprachiger Ghettoliteratur
- Stefanie Leuenberger: Philologie und Europäizität bei Erich Auerbach
2. Zwischen Ost und West
- Martin Treml: Einfache Form, Pathosformel, Nachleben der Renaissance. Martin Bubers Entdeckung der jüdischen Mystik als Figuration (des Ostens) Europas
- Hans-Joachim Hahn: Europäizität und innerjüdisches Othering. 'Ostjuden' im literarischen Diskurs von Heine bis Zweig
- Anja Tippner: Verwandlung und Verfremdung. Chassidismus in Jirí Langers Devet bran. Chasidu tajemství
- Bettina Spoerri: Hybride Identitäten und geopoetische Vermessungen in Alfred Döblins "Reise in Polen"
- Barbara Breysach: Bilder des Chassidismus. Alfred Döblin, Franz Werfel und Adolf Rudnicki
3. Zwischen Ideologien
- Philipp Theisohn: Galuth erzähen. Jüdische Segregation und ästhetische Sphäre: Kurzes Gespräch mit Shemaryahu Gorelik
- Ari Ofengenden. Hybridität, Okzidentalismus und Neo-Orthodoxie bei Nathan Birnbaum
4. Jiddisch: Zwischen Tradition und Avantgarde
- Hugh Denman. Die jiddische Rezeption der europäischen Moderne
- Anna Maja Misiak: Das Wort als Linie und Farbe. Rezeption der europäischen Avantgarde-Kunst in der jiddischen Dichtung Debora Vogels
5. Zwischen den Nationen
- Hedvig Ujvári: Parallele und Kontraste. Assimilation, Sprache und Identität als Probleme der Jugendjahre Max Nordaus und Theodor Herzls
- Eugenia Prokop-Janiec. Polnisch-Jüdische Literatur. Zwischen west- und osteuropäischer Tradition
- Maria Klanska: Krakau – Polen – Europa. Identitätsentwürfe in Erinnerungen Krakauer Juden (1918-1939)
Die Autorinnen und Autoren