Beschreibung
"Einer, gegen den Heine eine matte Zitronenlimonade genannt werden kann." Kurt Tucholsky
Oskar Panizza (1853–1921) war einer der kontroversesten Autoren seiner Generation. Zeit seines Lebens eckte er mit seinen kirchen- und gesellschaftskritischen Texten an, wurde international steckbrieflich gesucht, angeklagt und inhaftiert, schließlich eingewiesen und entmündigt, bevor er 1921 in einer Nervenheilanstalt starb. Sein blasphemisches Theaterstück "Das Liebeskonzil" löste einen der größten Theaterskandale der deutschen Geschichte aus und brachte ihm die längste Haftstrafe ein, die für ein literarisches Werk im Wilhelminischen Kaiserreich verhängt wurde, und seine Texte provozierten weit über seinen Tod hinaus. Mit der Darstellung von Sexualität und Wahn in seinen Fallgeschichten nahm er bereits in den 1890er Jahren gesellschaftspolitische und sozialkritische Positionen ein, die nichts an Relevanz und Diskussionsbedarf eingebüßt haben.
Panizzas schillernde Biografie und seine scharfzüngige Kritik an Kirche, Staat und Gesellschaft verstellen dabei vielfach bis heute den Blick auf das ästhetische Potenzial seiner Texte: Die Beiträge des Bandes stellen dem kunst-, kultur-, medien- und literaturwissenschaftliche Lektüren seines Werks entgegen.
Inhaltsverzeichnis
INHALT
Oskar Panizza
Für "Petroleumdichter"
Joela Jacobs
Oskar Panizzas Manuskript "Für 'Petroleumdichter'"
Gal Hertz
Pathologie des modernen Selbst. Oskar Panizzas "Das Liebeskonzil" und "Psichopatia criminalis"
Manuel Förderer / Birgit Ziener
Pix, Pax und die Macht des Unsichtbaren. Oskar Panizza im Kontext von Moderne, Okkultismus und Spiritismus
Elena Meilicke
Fotografie und 'Pseudizität'. Paranoia als Medienwissen in Oskar Panizzas "Imperjalja"
Dietmar Schmidt
Ende der Vorstellung. Oskar Panizzas "Das Wachsfigurenkabinet" und die Erfindung des Kinos
Bastian Lasse
Sexualität im Werk Oskar Panizzas
Joela Jacobs / Nike Thurn
"Ein antisemitisches Kunstwerk"? Zur Rezeption von Oskar Panizzas "Der operirte Jud’"
Thomas Röske
Oskar Panizza zeichnet in der Anstalt
Tamara Klaric
Biografie
Joela Jacobs / Tamara Klaric / Nike Thurn
Auswahlbibliografie
Notizen
Rezensionen
Wir haben anfangs vom 'Intellektuellen Panizza' gesprochen. Diesen – so lässt sich resümierend sagen – arbeitet der Band heraus, genauer: diesen "hochkomplexen Intellektuellen" (wie Thomas Röske in seinem Beitrag über den Zeichner Panizza sagt). Der Band besticht dabei durch seine tiefgründigen, sorgfältig argumentierenden Beiträge.
Martin Lowsky, literaturkritik.de, 27.11.2024