Beschreibung
Neben Joyce ist Sigmund Freud der Autor, der Arno Schmidts Werk ab etwa 1960 am nachhaltigsten beeinflusst hat; Schmidts Bücher sind spätestens ab "Kaff auch Mare Crisium" nicht ohne die Anregung durch und die Auseinandersetzung mit Sigmund Freud und der Psychoanalyse zu denken. Arbeiten, die diesen Prozess der Bewunderung und zugleich herrischen Indienststellung Freuds durch Schmidt untersuchen, sind noch selten; Gregor Stricks Analyse geht hier einen bedeutenden Schritt vorwärts. Sie konzentriert sich vor allem auf "Zettel's Traum", worin Schmidts Auseinandersetzung mit Freud die Gestalt einer Quasi-Theorie angenommen hat. Unter den Schlüsselbegriffen Fantasie, Kreativität, Sprache und Struktur des menschlichen Geistes/der Psyche wird das - unsystematische - Netz der Bezüge auf Freud und der Einflüsse auf die Poetik und literarästhetische Argumentationsweise Schmidts nachkonstruiert.
Dabei geht es Strick nicht darum, Freud gegen Schmidt auszuspielen, etwa das Ungenügende der Schmidt'schen Bildung der "Etym"-Theorie gegenüber der Freud'schen Theorie anzuprangern. Er versteht Schmidts Freud-Rezeption vielmehr als einen Prozess, der nicht von wissenschaftlichen, sondern von poetisch-kreativen Bedürfnissen gesteuert war: Diskontinuierlich und willkürlich nahm sich Schmidt bei Freud heruas, was ihm für seine ästhetische Theorie und Praxis verwertbar schien, auch wenn er sich bisweilen den Anschein eines ernsthaften und legitimen Konkurrenten auf dem Feld der Theorie - man vergleiche die "Etym"- Theorie in "Zettel's Traum" - zu geben versuchte. Gregor Stricks Buch ist ein wichtiger Beitrag nicht nur zur Schmidt-Forschung, sondern auch zur Geschichte der Rezeption der Psychoanalyse in der modernen Literatur.